Holger Jahn gewinnt Schießkrimi

Vogelschießen dauert fast fünf Stunden – Vogel wurde zweimal aufgehängt. Holger Jahn (51) ist neuer Schützenkönig von Gummersbach. Der Geschäftsführer des Reichshofer Fahrradreifenherstellers Schwalbe und Aufsichtsratsmitglied der VfL Handball Gummersbach GmbH holte den Königsvogel mit dem 93. Schuss dicker Munition von der Stange. Zusammen mit seiner Frau Irmel wurde er am Abend vor der Hermannsburg vom Vorsitzenden der Gummersbacher Schützen, Stefan Schnell, gekrönt. Jahn ist damit Nachfolger von Bürgermeister Frank Helmenstein.

Hunderte Zuschauer erlebten bei Bilderbuchwetter einen regelrechten Schießkrimi auf der Hermannsburg. Dabei hatte zunächst alles nach einem ganz normalen Vogelschießen ausgesehen. Doch als der Derschlager Frank Messerer den Vogel nach 119 Schuss Kleinkaliber und vier Schuss dicker Munition von der Stange holte, zogen alsbald Wolken am strahlend blauen Gummersbacher Schützenhimmel auf. Messerer, der gerade noch als König gefeiert worden war, wollte auf einmal nicht mehr. „Ich kann das nicht“, sagte er. Im Gespräch mit dieser Zeitung begründete er dies damit, dass er seine Frau, mit der zwar alles abgesprochen gewesen sei, jetzt nicht mehr erreichen könne.

Vorstand gab Bedenkzeit

Nach einer Bedenkzeit, die der Vereinsvorstand Messerer gewährt hatte, wurde ein neuer Vogel aufgehängt. Stefan Schnell sagte, nach dem Frühschoppen habe so mancher Ambitionen, auf den Vogel zu schießen, werde dann aber von der Realität eingeholt.

Doch der neue Vogel erwies sich als besonders zähes Biest. Der hölzerne Reserveadler hatte schon elf Jahre auf dem Buckel und ließ so manchen Einschlag über sich ergehen, ohne dabei Wirkung zu zeigen.

Waren zu Beginn des Vogelschießens stattliche 15 Schützen angetreten, reduzierte sich der Wettbewerb am Ende auf vier ganz ernsthafte Kandidaten. Neben Holger Jahn waren dies Peter Lüdorf, der jetzt Oberhofmeister von Jahn ist, Karl-Friedrich Bengelsträter und Benno Jaborek. Diese vier Schützen lieferten sich ein Finale, wie man es schon lange nicht mehr auf dem Schießstand erleben durfte. Erst wurden der Kopf des Adlers abgeschossen, dann drehte sich der Königsvogel, doch der finale Schuss blieb aus. Und als man schon das Gefühl hatte, dass es sich nur noch um Minuten handeln könne, fiel auch noch die Flinte aus. Wieder wurde unterbrochen, denn jetzt musste die Ersatzflinte eingespannt werden. Nach einigen Treffern und genauso vielen Fehlschüssen war der Adler dann aber müde, und Holger Jahn beendete den Schießkrimi unter lautem Jubel zahlreicher Schaulustiger, die bis zuletzt ausgeharrt hatten. Und da waren die Wolken auch schon lange wieder verzogen. Als Bürgermeister Frank Helmenstein seine Königskette abgeben musste, wurde es noch einmal feucht in den Augen des Rathauschefs, der seit gestern Mitglied im Club der Könige ist. Von der Hermannsburg aus ging es wieder zurück in die Stadthalle, wo der Ausklang des Gummersbacher Schützenfests mit dem neuen König Holger Jahn noch lange gefeiert wurde. Bereits am Morgen hatte Helmenstein seine geladenen Gäste im Brauhaus begrüßt. Nach einer launigen Rede von Oberhofmeister Christoph Schmitz und einigen Worten über den scheidenden König Helmenstein von Vorjahresmajestät Wolfgang Hecker ging es gestärkt mit Rührei, Frikadelle und Kraftbrühe zu Fuß auf den Steinberg in die Stadthalle, wo der legendäre und angeblich männermordende Frühschoppen stattfand.

Artikel der OVZ vom 28.05.2013