Der Fall einer Männerbastion

Traditionsbruch der Eckenhagener Schützen – in der Kreisstadt undenkbar.
In Eckenhagen fällt bald eine der letzten Männerbastionen. Nach 152 Jahren soll dort eine Frau Mitglied des Schützenvereins werden. In Gummersbach wäre das undenkbar.

Es ist der älteste Verein in Eckenhagen. 350 Mitglieder hat die Allgemeine Schützengesellschaft von 1857. Und diese 350 sind ausschließlich Männer, das war schon immer so, seit 152 Jahren.

Bis jetzt. Bis die 18-jährige Gymnasiastin Karina Kühr diesen Antrag stellte, “ordentliches Mitglied” in der Männerriege werden zu wollen. “Der gesamte Vorstand unterstützt diesen Antrag und wird ihn in zwei Wochen der Jahreshauptversammlung präsentieren”, bestätigte Vorsitzender Jochen Rohrbeck den Bruch mit der Tradition. “Sie beteiligt sich an Schießwettbewerben, hilft bei den Festen, engagiert sich für den Verein, ja, warum soll sie da nicht die gleichen Rechte und Pflichten haben, wie jeder Mann im Verein”, befürwortet auch Rohrbecks Vorgänger Karl-Werner Doepp den angestrebten Tabubruch.

Sicher werde es auf der Versammlung “hoch hergehen”, weiß auch Jochen Rohrbeck, “doch wir haben den Antrag sogar rechtlich prüfen lassen. Es gibt keine Handhabe, die Aufnahme von Frauen in den Verein abzulehnen, das wäre ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz.”

In Gummersbach hingegen käme dieser Eckenhagener Akt partout nicht in Frage, wären Schützenschwestern ein Sakrileg gegenüber der langen Tradition. “Sollten unsere Mitglieder so etwas beschließen, würde der gesamte Vorstand sofort zurücktreten”, kommentierte Udo Wiesener, Pressesprecher des Gummersbacher Schützenvereins den Fall der letzten Männerbastion im Südosten der Kreisstadt. Nur noch in Gummersbach und Müllenbach ist der grüne Rock ausschließlich Männersache.

In vielen anderen Vereinen, beispielsweise in Ründeroth oder Mühle-Ahlefeld regieren Schützenköniginnen, nicht als schmückendes Beiwerk ihres Gatten oder Freundes, nein, sie haben selbst den Vogel erlegt. In Bernberg ist mit Susanne Hornbruch seit zwei Jahren eine Frau “sogar” Vorsitzende des Vereins. “Gerade kleinere Vereine”, meint sie, “wären bald am Ende, wenn dort ausschließlich Männer mitmachen würden.”

Für Karl-Werner Doepp hat der Bruch mit 152 Jahren Tradition auch noch einen anderen Aspekt: “Wir haben viele Mädels, die auch gerne mitschießen wollen, es gibt viele Alleinerziehende, oder auch die Witwe des langjährigen Schützenbruders, die immer ganz aktiv dabei war – und die soll jetzt außen vor bleiben?!”

In Gummersbach ja. “Wenn eine Frau gerne schießt”, sagt Vorsitzender Stefan Schnell, “dann empfehlen wir ihr die Sportschützen, das ist eine Unterabteilung mit eigener Satzung, und da haben wir auch erfolgreiche Sportschützinnen in unseren Reihen.” In Gummersbach sei zudem noch nie eine Frau auf die Idee gekommen, den grünen Rock tragen zu wollen.

Apropos Satzung: Die Satzung des Gummersbacher Schützenvereins sagt, dass Männer ab 16 Jahren Mitglied des Vereins werden können, in Eckenhagen gibt es diesen Passus nicht. Das ist vielleicht der kleine Unterschied. . .

Artikel der OVZ vom 29.01.2009